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Zeuge einer tödlichen Schießerei erhält keine Leistungen der gesetzlichen Un-fallversicherung

Datum: 26.10.2016

Kurzbeschreibung: Wer bei einer Schießerei lediglich anwesend ist ohne Hilfe zu leisten erhält keine Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Richter des 3. Senats des Landessozialgerichts haben in einem vor wenigen Tagen veröffentlichten Urteil der beklagten Unfallkasse Baden-Württemberg Recht gegeben.

Urteil vom 26. Oktober 2016, Az. L 3 U 2102/14

Am 04.07.2012 erschossen Streifenbeamte der Polizei beim Versuch einer Festnahme einen mit einem größeren Messer bewaffneten Mann, der kurz zuvor zwei Frauen in einem Café angegriffen hatte. Der dramatische Vorfall ereignete sich mitten auf dem Marktplatz der Altstadt von Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis) und wurde von etlichen Zeugen beobachtet. Einer der Zeugen hat sich im August 2012 bei der Unfallkasse Baden-Württemberg gemeldet und vorgebracht, er habe mitgeholfen, den Täter zu verfolgen und andere Passanten zu warnen und habe dann den Schusswechsel beobachten müssen. Er hat ein ärztliches Attest vorgelegt, in dem der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung geäußert wird.

Die Unfallkasse Baden-Württemberg lehnte die Anerkennung eines Versicherungsfalles ab. In den Akten der Staatsanwaltschaft sei der Kläger nur einmal kurz erwähnt. Aktive Handlungen von ihm zugunsten anderer Personen seien nicht ersichtlich.

Das Sozialgericht Mannheim hat dem Kläger in erster Instanz Recht gegeben. Seine Schilderung, den Täter verfolgt zu haben, um Dritten zu helfen, sei glaubhaft, weshalb die Beobachtung des Schusswechsels während der Hilfeleistung gesetzlich unfallversichert gewesen sei.

Auf die Berufung der Unfallkasse haben die Stuttgarter Richter des Landessozialgerichts das Urteil des SG Mannheim aufgehoben. Zwar steht eine Hilfeleistung unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Nach der Auswertung der Ermittlungsakten und den dort enthaltenen Zeugenvernehmungen hat der Kläger aber selbst keinen aktiven Beitrag erbracht, sondern ist zusammen mit mehreren Personen dem Täter lediglich hinterher gelaufen, ohne ihn aktiv zu verfolgen. Andere Zeugen haben dagegen den Täter aktiv verfolgt und Passanten aus dem Gefahrenbereich verbracht. Nachgewiesen ist lediglich, dass der Kläger sich in etwa 20m Abstand zu den Vorgängen befunden hat und auch nicht hören konnte, was die bereits anwesenden Polizeibeamten mit dem Täter gesprochen haben. Eine Hilfeleistung konnte daher nicht nachgewiesen werden.

 

Sozialgesetzbuch (SGB) VII (Gesetzliche Unfallversicherung)

§ 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII:

Kraft Gesetzes sind versichert Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten.

  

Dr. Steffen Luik

Richter am Landessozialgericht

- Pressesprecher -

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